Sowohl der Film als auch die Bücher von “Fifty Shades of Grey” sorgen für eine Polarisierung bei den Massen und in den Medien. Die einen romantisieren und idealisieren den Film, während andere ihn verteufeln und moralisch verurteilen. Nun, es geht mir nicht darum, den Film in die eine oder andere Richtung zu bewerten, mein Anliegen ist eher, zu beleuchten, was hinter der Faszination liegt, die so viele Menschen sowohl zum Buchkauf animiert, als auch in die Kinotheater treibt.
Doch zunächst einmal ein kleiner Überblick der Handlung für diejenigen, die den Film nicht kennen – mit einem kleinen analytischen Schlenker meinerseits…

50 Shades of Grey – Inhalt
Anastasia Steel, ein unschuldiges, jungfräuliches und schüchternes “Mauerblümchen” begegnet Christian Grey, einem selbstbewussten, alles kontrollierenden und distanzierten Geschäftsmogul. Beide von einander fasziniert, entwickeln sie Gefühle für einander, jedoch jeder mir einer bestimmten Erwartung an den anderen und eine mögliche Liaison/Beziehung. Anastasia, kurz Ana, hat das Bedürfnis nach einer “normalen” Beziehung mit Ausgehen, Abendessen und Kino. Christian hingegen verlangt es nach einem Verhältnis zwischen einem devoten und einem dominanten Partner, was er durch einen förmlichen Vertrag besiegelt wissen will.
Ana ist hin und her gerissen zwischen Angst und Faszination sowohl für Christian als auch das devot-dominante Liebesspiel. Zunächst lässt sie sich auf das Rollenspiel des Dominanten und Devoten ein. Sie entdeckt Leidenschaft, Kontrollverlust und ungeahnte Lust. Was ihr jedoch schmerzhaft fehlt, ist die emotionale Seite ihrer Beziehung. Sie darf Christian nicht liebevoll berühren, denn er ist ein sehr kontrollierter und distanzierter Mensch, der eine sehr traumatische Kindheit hatte und somit niemanden an sich heran lässt. Die Situation eskaliert, da Christian wütend auf Ana ist und sie bestrafen will. Zwar macht es ihr Angst, aber sie will diese Seite von Christian sehen und erleben. Nach der strafenden Erfahrung fühlt sie sich erniedrigt, verletzt, hilflos und verwirrt. Der Film endet damit, dass Ana Christian verlässt.
Fifty Shades of Grey – Kurzanalyse
Hier der analytische Schlenker, der uns einen Hinweis auf das jeweilige Verhalten der Protagonisten und damit ihre sexuellen Neigungen gibt:
Es geht um die Symmetrie in ihrer Verletzung und in ihrer Anziehung für einander. Sowohl in meiner persönlichen Erfahrung als auch in der Arbeit mit Klienten, habe ich immer wieder beobachtet, dass wir uns die Menschen ins Leben ziehen, die unseren wunden Punkt triggern. Unsere Ängste kitzeln. An unseren Mauern wackeln.
So auch in der Verbindung zwischen Christian und Ana. Christian hat mit 4 Jahren seine Mutter verloren, die eine Prostituierte gewesen und an einer Überdosis Heroin gestorben ist. Ein sehr traumatisches Erlebnis für ein Kind. Dieses schmerzhafte Ereignis spiegelt sich in seinem Verhalten darin wieder, dass er enorme Bindungsängste hat und nur an Beziehungen interessiert ist, in der er die absolute Kontrolle ausüben kann. Er hat Angst, sich auf Gefühle und Liebe einzulassen, denn Liebe ist ein zweischneidiges Schwert. Wir erleben verzückende Gefühle, öffnen uns unserem Liebsten/unserer Liebsten und DAS holte jede Menge alten Schmerz hervor. Im Fall von Christian hat es die Konsequenz, dass er Menschen immer auf Distanz und unter Kontrolle hält. Denn wenn er emotionale und körperliche Liebe an sich heran ließe, dann würde seine meterdicke Mauer anfangen, zu bröckeln und der alte kindliche Schmerz würde ihn völlig übermannen. Er wäre mit den “Dämonen” seiner schmerzhaften Kindheit konfrontieren, die er zwanghaft versucht zu verdrängen und zu kontrollieren.
Anastasia dürstet es nach dem Vater, den sie nie hatte und der für sie folglich emotional unerreichbar war. Wie “passend”, dass sie sich in einem Mann verliebt, der emotional unerreichbar ist, so dass sie wieder leiden darf. Sie wartet auf den EINEN, bei dem dann alles gut ist. Aus systemischer Sicht ist dies immer das Warten auf den Papa und dann ist jede Beziehung zum Scheitern verurteilt, da ein Mann nie gut genug ist für eine Frau, die mit ihrem Vater eine systemische Verstrickung hat.
Zwei sehr gängige Archetypen, die es in unserer Gesellschaft mit leichter Abwandlung zuhauf gibt! Alle Menschen haben zahllose unverarbeitete Probleme mit ihren Eltern und das spiegelt sich sowohl in der Partnerschaft, als auch in der Sexualität wider.
Wie sieht die sexuelle Realität der meisten Menschen aus?
Bevor wir uns der Sehnsucht hinter der Faszination für den Film wenden können, ist es wichtig, erst mal einen Blick auf die sexuelle Realität der meisten Paare/Menschen zu werfen. Denn wenn wir wissen, was den Menschen fehlt, können wir verstehen, wonach sie sich sehnen …
Es gibt so viel Verwirrung in unserer Gesellschaft über Intimität und Sexualität. Die Jugendlichen fangen sehr früh an, sich Pornographie anzuschauen und sich dadurch ein vollkommen falsches Bild von der Sexualität tief in ihr Unterbewusstsein zu ziehen. Neben der Tatsache dass Pornographie zu Sucht und Dumpfheit führt, schadet es auch dem zukünftigen Liebesleben.
Wie viele frustrierte Paare kennen wir persönlich und/oder sehen überall in unserer Gesellschaft? Die Frauen sehnen sich nach dem perfekten Traumprinzen und die Männer wollen die perfekte Hure (auch wenn das viele nicht zugeben 😉 ). Frauen sind hirngewaschen durch Hollywood-Romantik und Männer sind hirngewaschen durch Pornographie.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass wir keine sexuelle Bildung haben. Nach Abitur und Uni war ich in der Lage, ellenlange komplexe Gleichungen zu lösen, doch ich hatte keine Ahnung von der möglichen Ekstase in meinem Körper.
Und so geht es den meisten Menschen. Man verliebt sich und stolpert mehr schlecht als recht in seine ersten sexuellen Erfahrungen. Weil uns auch niemand produktive Kommunikation beigebracht hat, tun sich zwei Verliebte schwer, über ihre Bedürfnisse zu reden. Ohne liebevolle Kommunikation und Offenheit gibt es keine erschütternde und ekstatischen Sexualität.
Oh und die vielen Unsicherheit auf beiden Seiten. Die Frauen sind zutiefst verwirrt über ihren Körper, denn ihre natürlichen Körper stimmen nicht mit den durch Photoshop manipulierten Bildern der Medien überein. Dabei ist der menschliche Körper in seiner Natur so wunderschön und zu so viel Ekstase fähig. Und die Männer?! Nun die meisten sind total verunsichert wegen ihrem “besten Stück”.
Des weiteren haben viele Frauen nicht den blassesten Schimmer wie sie ihren Liebsten im besten Sinne völlig um den Verstand bringen können, schlicht weil ihnen das Wissen fehlt und ihre eigene Sexualität und die des Mannes mit sehr viel Scham oder gar Ekel belegt ist. Und Männer haben keine Ahnung, welch enorme Epiphanie und bebendes Verlangen sie “da unten” erwecken können. Die meisten sehen sich nach Sexualität und Intimität, doch wissen sie zugleich nicht, wie und was sie da unten miteinander treiben sollen/wollen.
Die logische Konsequenz daraus ist, dass sich die Verliebten immer mehr aus dem Weg gehen, immer weniger Sexualität miteinander erleben und ihr Liebesleben völlig einschläft. Doch die Sehnsucht bleibt…
Hier geht es weiter zu TEIL 2!
Aloha,
Angelina Fabian
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